Anwaltliche Beratung: Zu den Themen Kosten und Vertraulichkeit

Dieser Artikel will rund um das Thema „Anwaltsbesuch“ aufklären. Viele, die eigentlich einen Anwalt oder eine Anwältin benötigen würden, zögern. Meist geht es um die Frage: Was kostet ein Anwalt? Kommt er oder sie mich vielleicht teurer zu stehen, als ich in der Sache gewinnen kann? Manchmal drückt aber auch der Schuh in Richtung der Themen Diskretion und anwaltliche Treue. Kann ich meinem Anwalt wirklich alles anvertrauen? Steht er dann noch immer uneingeschränkt an meiner Seite?

Das Anwaltsgeheimnis!

Die zweite Frage ist recht einfach zu beantworten. Anwält*innen unterliegen von Berufs wegen einer Geheimnispflicht. Sie dürfen vertrauliche Informationen niemals weitergeben. Anwält*innen werden sogar dafür bestraft, wenn sie es tun (§ 203 StGB). In Verbindung mit § 53 StPO müssen sie auch in Strafverfahren gegen ihre Mandant*innen schweigen. Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen Dokumente, die das Mandatsverhältnis betreffen, nicht einsehen. Dies hat seine Grenze nur darin, dass ein Anwalt davon erfährt, dass sein Mandant schwerste Straftaten plant (§ 138 StGB). Übrigens spricht auch nichts gegen eine komplett anonyme Beratung; die Bezahlung kann in bar geschehen. Falls Sie Sorge haben, dass Ihr Anliegen zu tabuisiert oder verwerflich ist, können Sie auch an dieser Stelle beruhigt sein. Für einen Anwalt sind solche Themen nichts außergewöhnliches. Er wird Ihnen zu Beginn der Beratung einfach nüchtern mitteilen, ob er Sie zu dem Anliegen vertreten möchte oder nicht.

Die Kosten?

Um die Kosten für einen Anwalt ranken sich viele Mythen, sogar gegensätzliche: „Die Erstberatung ist immer kostenlos.“ vs. „Ein Anwalt kostet 500 Euro pro Stunde.“. Damit soll nun ein wenig aufgeräumt werden. Zuerst die guten Nachrichten: Die anwaltliche Beratung muss nicht teuer sein.

Für Verbraucher*innen gilt:

Wer eine Rechtsschutzversicherung ohne Selbstbehalt hat, für den ist sie sogar kostenlos, wenn der Rechtsbereich gedeckt ist. Manche Rechtsschutzversicherer bieten mittlerweile bisher noch nicht Versicherte auch „Sofort“-Rechtsschutz an, d.h. die Wartezeit entfällt. Auch viele Vereine bieten für ihre Mitglieder kostenlose Rechtsberatung (Mieter*innenverein, Gewerkschaft, etc).

Bedürftige erhalten die anwaltliche Beratung zudem immer für maximal 15 Euro. Das geht mit dem sogenannten Beratungshilfeschein, den das Amtsgericht des Wohnsitzes ausstellt. Kommt es übrigens zu einem Gerichtsverfahren, müssen Einkommensschwache dank der Prozesskostenhilfe gar nichts für ihren Anwalt bezahlen – Ausnahme ist nur, wenn sie in den nächsten 4 Jahren zu Geld kommen.

Auch alle anderen müssen keine Unsummen fürchten. Für eine ausführliche Erstberatung darf eine Anwältin höchstens 226,10 Euro verlangen (§ 34 RVG), viele Anwält*innen verlangen jedoch deutlich weniger. Wie viel genau kann durch einen kurzen Anruf in der Kanzlei erfragt werden.

Dem Ladendiebstahl auf der Spur

Nach einer Studie des EHI (Forschungsinstitut des Handels) sind im Jahresvergleich 2018 zu 2017 die Inventurdifferenzen im Handel von 0,61 Prozent auf 0,63 Prozent bzw. von 4,1 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro gestiegen. Davon entfallen 550 Millionen Euro auf sonstige Gründe (zum Beispiel Verderben von Lebensmitteln, Bruch, Organisationsversagen etc).

Der Rest wird gemopst – von   MitarbeiterInnen, Lieferanten und Servicekräften, zum größten Teil aber von den Kund*innen. Klassischer Ladendiebstahl also. Den gibt es schon so lange, wie es Läden gibt. Die Zahl der Anzeigen geht allerdings zurück, 339.021 waren es in 2018 noch. Aber was genau bedeutet Ladendiebstahl rechtlich? Wie hoch ist die Strafe? Was ergibt sich Neues durch die Selbstbedienungskassen in Supermärkten? Und was kann ich als Beschuldigte*r tun?

Der Ladendiebstahl kurz erklärt

Ladendiebstahl ist ein Begriff aus dem Alltag und der Kriminalitätsstatistik. Rechtlich gesehen handelt es sich um einen gewöhnlichen Diebstahl nach § 242 StGB. Es stiehlt, wer eine fremde, bewegliche Sache wegnimmt und sie sich zueignet. Im Laden kann das etwa dadurch geschehen, dass Waren in die Hosentasche gesteckt und nicht bezahlt werden.

Oder die Ware wird in den Einkaufswagen gelegt, zugedeckt und an der Kasse vorbeigeschmuggelt. Die Strafe dafür ist Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre. Ersttäter können oftmals mit einer Geldstrafe oder sogar Einstellung des Verfahrens gegen Auflage rechnen. Bei wiederholter Strafverfolgung gehen die Strafen nach oben.

Schlimmer wird es in den Fällen des § 243 StGB und für die Unglücklichen, die etwa ein Taschenmesser bei sich führen (§ 244 StGB, ab sechs Monate Freiheitsstrafe) oder sich mit Gewalt oder Drohung des Ladendetektivs erwehren (§§ 249, 252 StGB, ab ein Jahr Freiheitsstrafe; hierzu auch folgendes Erklärvideo mit Rechtsanwalt Marek Schauer). Im einfachen polizeilichen Führungszeugnis tauchen in der Regel übrigens Erstverurteilungen ab über drei Monaten Gefängnis bzw. 91 Tagessätzen Geldstrafe auf.

Diebstahl bei Selbstbedienungskassen?

Selbstbedienungskassen in Supermärkten werden häufiger; viele Betreiber erhoffen sich durch sie eine Ersparnis bei den Personalkosten. Doch laden Selbstbedienungskassen auch vermehrt zum Diebstahl ein? Jedenfalls sind die Möglichkeiten etwas zahlreicher: nur einen Teil der Waren scannen, das Etikett eines günstigeren Produkts scannen, ein günstigeres Produkt eingeben. Rechtlich gesehen ist auch all das Diebstahl nach § 242 StGB.

Denn der oder die Ladenbetreiberin hat zwar seine Zustimmung zur Übereignung der Produkte an den Automaten delegiert. Doch der gibt seine Zustimmung schließlich nur für den gescannten Teil der Ware und das günstigere Produkt (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 08.08.2013 – 5 RVs 56/13).

Viele Supermarktbetreiberinnen stellen wegen des vermehrten Diebstahls bei Selbstbedienungskassen übrigens eine Aufsichtsperson extra für den Selbstbedienungsbereich ab. Die nette Person, die einen begrüßt und einweist, ist also nicht Service, sondern Diebstahlaufsicht.

Meine Rechte als Beschuldigte*r

Sie haben von der Polizei oder Staatsanwaltschaft einen Brief zur Anhörung wegen Ladendiebstahls bekommen? Ihnen wurde bereits eine Klageschrift oder ein Strafbefehl zugestellt? Das Wichtigste ist nun, ruhig Blut zu bewahren und zunächst keine Aussage gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zu tätigen.

Erfragen Sie anwaltlichen Rat und besprechen Sie gemeinsam die nächsten Schritte. Mit guter Argumentation lässt sich so mancher Vorwurf strafbaren Handelns entkräften. Gar nicht selten funktionieren die Selbstbedienungskassen zum Beispiel nicht richtig: Die falsche Ware ist im System hinterlegt oder der Scanner hat unbemerkt nicht funktioniert. Oder in der Hektik an den Kassen wurde ein Artikel in der Einkaufstasche vergessen, aber nicht geklaut.

Oft kann so der Vorsatz entkräftet und, wenn schon nicht ein Freispruch, dann aber die Einstellung des Verfahrens erreicht werden, was ein langwieriges Verfahren und die Eintragung im Bundeszentralregister und im Führungszeugnis erspart.

Kein Kitaplatz zu finden? Erfolgreich Schadenersatz vom Staat erhalten!

Seit 01. August 2013 haben Kinder schon ab dem zweiten Lebensjahr Anspruch auf Betreuung und Förderung in einer Kindertagesstätte oder der Kindertagespflege. Dabei handelt es sich um einen staatlich garantierten Rechtsanspruch (§ 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII), zuständig für die Bearbeitung sind die Jugendämter. Leider hat es der Staat im Vorfeld der gesetzlichen Neuregelung versäumt, genügend in den Ausbau der Betreuungsangebote zu investieren. So gab es zwar nun den Rechtsanspruch auf Betreuung, aber die Wartelisten der Kitas wurden dadurch nicht kürzer. Noch heute stehen reihenweise Eltern trotz monatelanger Suche ohne Betreuungsplatz für ihr Kind da. Leider stehlen sich viele Jugendämter aus der Verantwortung. Hier hilft es, hartnäckig zu bleiben. Mittels einer Klage können sich Eltern beides holen: einen Betreuungsplatz für ihr Kind und entgangenes Einkommen.

Die Klage auf Nachweis eines Betreuungsplatzes

Da der Anspruch auf Betreuung in einer Bereitstellungspflicht des Staates resultiert, können Eltern vor den Verwaltungsgerichten Klage auf Verpflichtung des Staates erheben, ihnen einen Betreuungsplatz für ihr Kind anzubieten. Interessanterweise finden die Jugendämter dann doch Betreuungsplätze, sobald sie verklagt werden. Irgendwo scheint es da eine Reserve zu geben. Wählt man zudem den Weg des Eilrechtsschutzes kann so innerhalb eines Monats ein Betreuungsplatz erstritten werden.

Die Klage auf Schadensersatz wegen Verdienstausfall

Stellen die Jugendämter keinen Betreuungsplatz bereit, erleiden berufstätige Eltern Einkommensverluste, da sie ihr Kind nun selbst zu betreuen haben. Doch mithilfe einer Klage auf Schadensersatzes wegen Verdienstausfall können sich Eltern das verpasste Einkommen vom Staat zurückholen. Denn der Staat hat schließlich seine Pflicht zur Bereitstellung eines Betreuungsplatzes verletzt! Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verdienstausfall resultiert aus § 839 BGB, Art. 34 GG. Leider zeigen sich die Jugendämter in diesen Verfahren etwas widerborstiger als bei den Klagen auf Nachweis eines Betreuungsplatzes. Hier eine Sammlung der beliebtesten Ausreden, die mir bisher in meiner Praxis untergekommen sind:

„Wir finden nicht genügend Arbeitskräfte (ErzieherInnen).“

„Das neue Kita-Gebäude wird nächstes Jahr fertig.“

„Die Flüchtlinge waren es. Ja! Die Flüchtlingswelle hat alle Kitaplätze leergefegt.“

„Der Rechtsanspruch dient nur der Förderung der Kinder. Wir haben keine Pflicht, die Eltern vor Einkommensverlusten zu schützen.“ (= Wenn wir die Pflichten verletzen, passiert uns nichts.)

„Der Rechtsanspruch gilt nur für einen Halbtagesplatz.“

Teils sind das dreiste Ausreden, teils gewichtige Argumente. Letztere habe ich aber in mehreren Verfahren vor verschiedenen Landgerichten schon entkräftet und so für die Eltern Schadensersatz wegen Verdienstausfalls in Höhe von unter anderem ca. 10.000 Euro erstritten.

So wehren Sie sich gegen den Vorwurf des Drogenkaufs im Darknet

Seitdem die Ermittlungsbehörden verstärkt gegen Internethandelsplätze für Drogen, Waffen und andere illegale Handelswaren vorgehen, mehren sich auch die Strafverfahren gegen vermeintliche KäuferInnen. Denn wenn die Polizei die realen Personen ermittelt, die hinter einem Internethändler für Drogen stehen, wird nicht nur der oder die HändlerIn angeklagt. Häufig findet die Polizei auf dem Computer oder in der Wohnung der VerkäuferInnen auch Namen und Anschriften weiterer Personen, die dann für die KäuferInnen der Drogen gehalten werden. Und schon ist der Brief mit der Vorladung zur Vernehmung bei Polizei oder Staatsanwaltschaft im Briefkasten.

Keine Verurteilung vor dem Beweis der Schuld

Doch das muss nicht gleich das Ende der Geschichte sein. Denn wer nichts bestellt hat, darf auch nicht verurteilt werden! Und das müssen die Ermittlungsbehörden erst beweisen. Hierzu ist es in der Regel nicht ausreichend, wenn lediglich Ihr Name und Ihre Adresse in den Unterlagen der DrogenhändlerInnen auftauchen. Schließlich könnte jemand anderes auf Ihre Anschrift eine Bestellung gemacht haben – sei es um Ihnen zu schaden oder um die eigene Person zu verschleiern und die Lieferung abzufangen. Besonders einfach geht letzteres bei Mehrparteienhäusern oder Wohngemeinschaften. Außerdem geht aus den Daten, die den Ermittlungsbehörden vorliegen, oft nicht hervor, ob die Drogen überhaupt verschickt wurden, ob sie angekommen sind und bei wem. Das haben schon verschiedene Gerichte so gesehen.

Wie kann ich mich gegen ein Ermittlungsverfahren zur Wehr setzen?

Als erfahrener Anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Strafrecht habe ich bereits viele MandantInnen erfolgreich gegen den Vorwurf des Erwerbs von Drogen nach § 29 BtMG verteidigt. Üblicherweise beantrage ich zuerst Akteneinsicht, um den Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden in Erfahrung zu bringen. Danach kann ich meist durch eine sogenannte „Schutzschrift“ das Ermittlungsverfahren noch vor der Anklage zur Einstellung aus Mangel an Beweisen bringen.

Und wie immer gilt: Kein Wort zu den Ermittlungsbehörden vor der Rücksprache mit Ihrem Anwalt!

Corona-Soforthilfen: Habe ich mich wegen Subventionsbetrug strafbar gemacht?

Im März 2020 müssen aufgrund der Corona-Maßnahmen die meisten Läden schließen. Viele Produktionsbetriebe stehen still, weil die Abstandsregelungen die Arbeit unmöglich machen oder die Produkte nicht mehr abgenommen werden. Die VerbraucherInnen fragen auch keine Dienstleistungen mehr nach. Der Stillstand der Wirtschaft trifft neben den Großen auch viele KleinunternehmerInnen und Soloselbstständige. Der Staat hilft mit den sogenannten Soforthilfen. In Berlin und Brandenburg zahlt die Investitionsbank auf Antrag die Zuschüsse aus. Rechtlich gesehen handelt es sich um Subventionen. Hinsichtlich falscher Angaben im Antrag ist der Staat „allergisch“. Der entsprechende Straftatbestand Subventionsbetrg (§ 264 StGB) ist ziemlich weit gefasst. Sorgen machen sollte man sich in den folgenden Fällen:

„Ich habe die Corona-Soforthilfen etwas vorschnell beantragt.“

„Die Geschäfte laufen nun doch besser als gedacht.“

„Ich habe Post von der Staatsanwaltschaft erhalten.“ (große Sorgen!)

Was genau bedeutet „Subventionsbetrug“?

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird [wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB] bestraft, wer

 1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind, […]

 3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

     1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,

[…]

(5) Wer in den Fällen des Absatzes STGB § 264 Absatz 1 Nr. STGB § 264 Absatz 1 Nummer 1 bis STGB § 264 Absatz 1 Nummer 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Nach den Absätzen 1 und 5 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. […]

(9) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen,

 1. die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind

oder

 2. von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.

Demnach kann es genügen leichtfertig falsche Angaben bei der Antragstellung gemacht zu haben. Leichtfertig ist enger als bloße Fahrlässigkeit. Es bedeutet, dass der Täter die an sich gebotene Handlung [Vermeidung der Antragsstellung] ohne Weiteres hätte erkennen können. Er verkennt also die Umstände in einem groben Maße.

Darüber hinaus kann sich auch strafbar machen, wer es unterlässt, Änderungen mitzuteilen. Läuft etwa das Geschäft also doch besser als in der Antragstellung prognostiziert, weil weniger Kunden ausbleiben, muss dies dem Subventionsgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Der entsprechende Teil der Soforthilfen muss zurückgezahlt werden.

Was bedeutet das für mein Unternehmen?

Hierzu zwei Beispiele:

1. Der Lichtenberger U-GmbH – eine Fleischerei – mit 8 Angestellten ist ziemlich am Ende und müsste den Antrag auf Insolvenz stellen. Da kommt Sars-Cov2 gerade recht. Der Geschäftsführer beantragt bei der IBB einen Corona-Zuschuss von 15.000,00 Euro unter Vorspiegelung der Tatsache, dass sein Unternehmen „gesund“ ist und solide wirtschaftet.

→ Der Geschäftsführer hat sich ohne Weiteres wegen Subventionsbetrug strafbar gemacht.

2. Abwandlung: Die U-GmbH ist solide und nicht von Insolvenz bedroht. Die Fleischerei hat wg. Corona jedoch zu. Folge ist mangelnder Umsatz. Der Geschäftsführer stellt einen Antrag auf Corona-Soforthilfe in der Annahme, dass es so weitergeht und er trotzdem die laufenden Kosten begleichen muss. Der Zuschuss wird unmittelbar ausgezahlt. Ca. eine Woche nach dem Antrag unterstützen die Nachbarn die Fleischerei mit vielen Gutscheinen. Zudem ist der neu aufgebaute Lieferdienst in der Lage, die Fix-Kosten aufzufangen.

→ Der Geschäftsführer sollte nun unverzüglich die veränderte Lage mitteilen. Unterlässt er dies absichtlich, um das Geld zu behalten, kann er sich strafbar machen. Darüber hinaus kann sich der 

Geschäftsführer strafbar machen, wenn er angesichts der sichtbar gebesserten Lage nicht seine Buchhaltung konsultiert und gewissermaßen „die Augen verschließt“, um die Gelder zu behalten. Er handelt dann leichtfertig.

Was tun, wenn ich befürchte, Falschangaben gemacht zu haben?

Wer einen Fehler in seinen Angaben bemerkt, sollte sich beim Investitionsgeber melden und die Daten berichtigen. Wem der Fehler versehentlich unterlief und wer dann unverzüglich Meldung macht, hat nichts Falsches getan! Auch ansonsten wird wohl momentan relativ kulant behandelt, wer Angaben berichtigt.

Sollte aber bereits ein Schreiben der Staatsanwaltschaft oder Polizei eingegangen sein, ist es ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn Ermittlungsbehörden wissen, wie sie Verdächtige zu widersprüchlichen Aussagen verleiten. Deshalb gilt wie immer: Machen Sie keine Aussagen und geben Sie keine Daten heraus. Als Beschuldigter sind Sie hierzu nicht verpflichtet!

Ich berate Sie hierzu gerne. Gerade der Vorwurf des Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit lässt mit einer guten rechtlichen Argumentation entkräften. Durch meine jahrelange Erfahrung in der Strafverteidigung kann ich häufig für meine Mandanten bereits eine Einstellung erreichen, bevor es zur Anklage kommt.

Selbstbedienungskasse ausgetrickst – Diebstahl oder Computerbetrug?

Jede Großstadtbewohnerin kennt sie, denn sie werden immer häufiger. Gemeint sind Selbstbedienungskassen. Durch sie soll das Einkaufen und Bezahlen schneller und einfacher werden. Umso schwieriger wird das ganze allerdings aus juristischer Sicht.

Die Fälle in denen Kunden versuchen die fleißigen Kassenroboter auszutricksen häufen sich. So kam zum Beispiel ein 47-jähriger Playboy-Leser auf eine interessante Idee. Beim Bezahlen scannte er den Strichcode einer günstigen Tageszeitung ein, anstatt den regulären Preis für sein Lieblingsmagazin zu zahlen.

An einem ähnlichen Trick scheiterte ein Kaufmann in München. Er hatte Kalbsleber in eine Tüte umgepackt und als ein billigeres Obstprodukt abgewogen. An der Selbstbedienungskasse scannte er dann das Etikett ein und bezahlte einen sehr erschwinglichen Obstpreis für das teure Fleisch.

Beide wurden daraufhin vom Ladenpersonal gestellt. Der Münchner Kaufmann wurde später vom AG München sogar zu einer Geldstrafe von 208.000 Euro verurteilt, was im Wesentlichen an seinem Vorstrafenregister lag und an anderer Stelle diskutiert werden muss (Urt. v. 10.01.2018, Az.: 864 Ds 238 Js 223135/17).

Aus juristischer Sicht viel spannender ist nämlich die Frage, wegen welcher Straftat es eigentlich zur Verurteilung kam…

Computerbetrug

Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, dass der Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263 a StGB erfüllt ist. So sah es auch das Landgericht im Fall des Playboy-Lesers.

Nach § 263 a StGB ist nämlich jeder strafbar, der das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er das „Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorganges durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten…oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst“.

Dass es sich bei dem eingescannten Strichcode um Daten handelt ist klar, da er codierte Informationen enthält.

Allerdings verneinte das OLG Hamm im Revisionsverfahren trotzdem die Strafbarkeit des Playboy-Lesers wegen Computerbetrug (OLG Hamm, Beschluss v. 08.08.2013, 5 RVs 56/13)! Der Täter habe nämlich nicht veranlasst, dass Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, welches inhaltlich falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lässt. (Weil der Strichcode ja richtig war, nur auf dem falschen Magazin klebte)

Das Vorzeigen des falschen Strichcodes führte vor allem nicht unmittelbar zu einem Vermögenschaden beim Supermarktinhaber. Doch genau diese Unmittelbarkeit zwischen Datenmanipulation und Vermögensminderung beim Opfer ist für § 263 a entscheidend. Der Playboy-Leser hat den Vermögensnachteil jedoch nur dadurch herbeigeführt, dass er anschließend das Geschäft verließ und so die Sachherrschaft an der Zeitschrift erlangte.

Diebstahl

Das OLG Hamm und auch das AG München lösten die Fälle über den Straftatbestand des Diebstahls gem. § 242 StGB.

Auch das erscheint auf den ersten Blick logisch. Bei dem Playboy handelte es sich um eine fremde bewegliche Sache und die hat der Täter auch weggenommen. Allerdings setzt die Wegnahme  den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams voraus. Und zwar gegen den Willen, also ohne Einverständnis des Supermarktbetreibers.

Nun könnte man ja denken, dass die Täter doch in beiden Fällen bezahlt haben und deswegen das Einverständnis des Supermarkinhabers gegeben sein müsste.

Hier begründete das OLG Hamm die Entscheidung so, dass von einem Einverständnis des Supermarkteigentümers nur auszugehen ist, wenn der zum Produkt passende Strichcode gescannt wurde.

Mit dieser Argumentation wurde in beiden Fällen die Wegnahme beim Verlassen des Kassenbereichs und somit ein Diebstahl bejaht.

Fazit

Auch wenn in Zukunft mehr und mehr Selbstbedienungskassen das Supermarktpersonal ersetzen werden, führen die meisten Versuche das System auszutricksen zur Verwirklichung einer Straftat.

Aufgrund des technischen Fortschritts und der Digitalisierung unseres Alltags, häufen sich die Strafverfahren in diesen Bereichen. Doch die Rechtsprechung hinkt hinterher und es bestehen noch große Rechtsunsicherheiten innerhalb dieser neuen Felder.

Genau diese Lücken offenbaren gute Verteidigungschancen, die jeder Betroffene nutzen kann, wenn er einen Anwalt hinzuzieht!

Die 7 „Todsünden“ im Straßenverkehr

Straßenverkehrsdelikte machen im Strafrecht einen großen Anteil an Fällen aus.

Deshalb ist es umso wichtiger zu wissen, wie man Verstöße in diesen Bereichen vermeidet und wie man als Betroffener richtig damit umgeht.

Einen wesentlichen Kernbereich stellt hierbei die Gefährdung des Straßenverkehrs dar (§ 315c StGB). Neben Fahruntüchtigkeit wegen Alkohol gibt es die berüchtigten 7 „Todsünden“ des Straßenverkehrs. Sie können einem leicht zum Verhängnis werden und zu Geldstrafen und sogar zu Freiheitsstrafen führen. Im Jahr 2017 wurden immerhin knapp 14.000 Verkehrsteilnehmer in Deutschland wegen Verstößen gegen.

In § 315c StGB wird jedem Verkehrsteilnehmer eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren angedroht, der fahrlässig

  1. die Vorfahrt nicht beachtet
  2. falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt
  3. an Fußgängerüberwegen falsch fährt
  4. an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt
  5. an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält
  6. auf Autobahnen oder Kraftfahrtstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
  7. haltende oder liegengelassene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist.

Hierbei muss sich der Fahrer grob verkehrswidrig oder rücksichtslos verhalten haben.

An sich sind die 7 Todsünden eigentlich nur Ordnungswidrigkeiten. Sobald allerdings durch eine der Todsünden ein anderer Mensch oder eine Sache von bedeutendem Wert (ca. 750 Euro) fahrlässig gefährdet wird, kommt der § 315c StGB ins Spiel. Eine Gefährdung liegt auch dann schon vor, wenn es zu einem „Beinahe-Unfall“ gekommen ist (also der Schadenseintritt nur vom Zufall abhing).