Strafanzeige wegen ACAB – Dürfen die das?

Was bedeutet die Abkürzung ACAB?

In diesem Text geht es um ein paar Buchstaben, die es schon bis zum Bundesverfassungsgericht geschafft haben – und das mehrfach. ACAB steht für „All cops are basterds“, zu deutsch wörtlich „Alle Polizisten sind Bastarde“. Im übertragenen Sinne wird eine Kritik an der Polizei als Institution der Repression des Staates ausgedrückt. „Die Polizei arbeitet schlecht, weil sie berechtigte Demonstrationen unterdrückt, Mietwohnungen zwangsräumt, immigrierte Menschen schlechter behandelt, etc.“ Die Parole wird gerne von manchen in der linksradikalen Szene oder auch von Angehörigen der Ultras (Fußball) verwendet. Polizist*innen sind jedoch not amused und verstehen die Worte nicht gerade als Einladung zum Fünfuhrtee. Ganz im Gegenteil, sie erstatten Strafanzeige. Die Untergerichte machten mit und so ist schon eine Reihe an Leuten für ACAB zu einer Strafe wegen Beleidigung (§ 185 StGB) verurteilt worden.

Das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Strafbarkeit von ACAB

Das Bundesverfassungsgericht ist dem jedoch mit den Entscheidungen vom 17. Mai 2016 (Verfahren 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14) und vom 16. Januar 2017 (1 BvR 1593/16) entgegengetreten. In seiner Begründung geht das Bundesverfassungsgericht zunächst einmal davon aus, dass eine Beleidigung grundsätzlich nur einen einzelnen Menschen treffen kann, nicht aber Kollektive wie etwa Behörden und Unternehmen. Die Beleidigung eines Kollektivs wird erst dann strafrechtlich relevant, wenn solche Umstände hinzutreten, die sie zu einem Angriff auf die persönliche Ehre der Mitglieder des Kollektivs werden lassen. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist hierfür zum Beispiel die „personalisierte Adressierung“ nötig. Gemeint ist damit etwa die Person, die dem Polizisten mit ihrer ACAB-Jacke vor der Nase herumwedelt. Nach meiner Meinung ist dies eine sehr richtige Entscheidung. Je mehr Personen das „beleidigte“ Kollektiv umfasst, desto weniger wiegt die persönliche Betroffenheit des einzelnen Kollektivmitglieds. Großen Kollektiven, deren Mitglieder gerade uniform agieren sollen, werden mit ACAB schließlich nicht individuelle Fehler oder Merkmale der Mitglieder vorgeworfen, sondern ein mangelhafter Zustand des Kollektivs. Kritik an gesellschaftlichen Missständen genießt aber den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Natürlich ist ACAB nicht gerade eine nett formulierte Kritik, vielleicht auch keine intelligente. Aber darum geht es beim Strafrecht nicht. Strafe ist das schärfste Schwert des Staates und muss als letztes Mittel den echten Fällen von Persönlichkeitsverletzungen vorbehalten bleiben (keep on fighting, Renate Künast!).

Verwandte Aussprüche

Die Straffreiheit der Parole ACAB gilt übrigens gleichermaßen hinsichtlich ihrer zahlenkodierten Version „1312“. Auch verwandte Sprüche wie zum Beispiel „FCK CPS“ (Fuck cops – Fick die Polizei) sind straffrei (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Februar 2015 – 1 BvR 1036/14). Die Worte „Soldaten sind Mörder“ dürfen ebenfalls verwendet werden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91). Es gilt allerdings – wie oben ausgeführt – dass die Straffreiheit nur soweit reicht, als dass solche Bezeichnungen nicht in einen engen personalen Zusammenhang mit einem*einer einzelnen Polizist*in gebracht werden.