Racial Profiling: Wie kann ich mich wehren?

Lesen Sie hier, wie die aktuelle Rechtslage bei Racial Profiling ist, welche Rechte Sie im Ermittlungsverfahren/Strafprozess haben und ob sich eine Klage lohnt.

Es soll ein schöner Sonntagsausflug werden. Die kleine Familie fährt mit dem Zug nach Koblenz, um die Stadt zu besichtigen und am Deutschen Eck den Rhein zu sehen. Mutter und Vater lesen Zeitung, die Tochter hört Musik und der kleine Sohn turnt auf dem Sitz herum.

Die zwei Freunde kommen vom Supermarkt. Das Gewicht ihrer Einkaufstaschen lässt sie schneller gehen; zu Hause wollen sie gemeinsam kochen. Es ist nicht mehr weit, nur noch vorne um die Ecke und dann die Straße entlang. Die beiden besprechen schon vorfreudig das Rezept.

Die Frau steht auf dem Gehweg und lehnt sich an die Fassade ihres Hauses an. Es ist schon kurz nach Mitternacht, doch die Luft ist noch lau von der Hitze des Tages. Bis eben hat die Frau gearbeitet. Sie ist Krankenpflegerin; die Schicht in der Klinik war mal wieder lang. Nach dem Abendessen zu Hause noch schnell eine Zigarette auf der Straße und dann ab ins Bett, sagt sich die Frau.

Was eint diese Erzählungen? Die Polizei. Sie steigt in den Zug ein, sie ist zu Fuß auf Streife, sie fährt mit dem Auto vorbei. Zwei Beamt*innen nähern sich den Personen. Die Papiere bitte. Schon wieder? Ich wurde schon vorletzte Woche kontrolliert. Und vor einem halben Jahr. Und letztes Jahr vier Mal. Immer schauen alle zu. In ihren Augen sehe ich die Verachtung. Meine Kinder fragen sich, was los ist.

Drei aus unzähligen Fällen von Racial Profiling

Die drei Erzählungen sind echten Fällen nachempfunden. Fällen, in denen die Polizei das Aussehen, insbesondere die Hautfarbe zum Anlass genommen hat, Menschen auf ihre Identität zu kontrollieren und zu durchsuchen – Racial Profiling eben. Der erste genannte Fall stammt aus Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2014, der zweite kommt aus Hamburg in 2017, der dritte Fall hat sich so ähnlich im Saarland in 2016 zugetragen. Jedes Mal war die Kontrolle ergebnislos, Gesetzesverstöße stellte die Polizei nicht fest.

Racial Profiling ist eine sozial ungerechte und nicht zielführende Ermittlungsmethode der Polizei und anderer Behörden. Nicht-weiße Personen werden grundlos kriminalisiert. Sie fühlen sich selbst verletzt und durch die Augen der Zuschauenden in ihrem Ansehen beeinträchtigt. Racial Profiling dient darüber hinaus nicht einer effizienten Verbrechensbekämpfung. Es verschließt der Polizei das Vertrauen von Teilen der Bevölkerung. Und die Ermittlungsbehörden vergessen, Täter*innen abseits bestimmter Zugehörigkeitsmerkmale in den Blick zu nehmen (vgl. die fehlgeschlagenen Ermittlungen zu den NSU-Morden). Ausführliche Information hierzu hat das Europäische Netzwerk gegen Rassismus zusammengestellt.

Racial Profiling: Gängige Praxis – unklare Rechtslage

Während andere Länder Racial Profiling ausdrücklich verboten haben (zum Beispiel USA, Großbritannien), ist die Rechtslage in Deutschland unklarer. Natürlich steht in keinem Gesetz, dass Personen aufgrund ihres Aussehens polizeilich kontrolliert werden dürfen. Dies stünde in klarem Widerspruch zu Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz. Zwar dürfen Polizist*innen nicht willkürlich handeln, wobei willkürlich „aus sachfremden Gründen“ bedeutet, wozu auch i.d.R. das Aussehen einer Person gehört. Aber klar geächtet wird Racial Profiling nirgends.

So manche*r Polizist*in nimmt dann – bewusst oder unbewusst – die Hautfarbe einer Person zum (Mit-) Anlass einer Kontrolle. Besonders häufig geschieht dies, wenn die Polizei anlasslos kontrollieren darf, zum Beispiel in Grenznähe zur Verhinderung der illegalen Einreise (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG) oder in sogenannten Gefahrengebieten. Aber auch ansonsten kann Racial Profiling vorkommen, etwa wenn unklar ist, wer von mehreren Personen einer Straftat verdächtig ist. Im Nachhinein ist Racial Profiling schwer festzustellen. Denn die Polizist*innen versuchen andere Gründe für die Kontrolle vorzuschieben. So haben das Oberverwaltunsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz oben im ersten Fall und das Verwaltungsgericht Hamburg im zweiten Fall Racial Profiling bejaht, im dritten Fall hat das OVG Saarland diese Frage jedoch verneint.

Racial Profiling im Strafprozess/Ermittlungsverfahren und Rechtsschutz durch Klage vor den Verwaltungsgerichten

Eine wegen Racial Profiling rechtswidrige Polizeikontrolle darf aus rechtlicher Perspektive natürlich verweigert werden. Doch liegt die Macht über die Situation in dem Moment der Kontrolle bei der Polizei und eine Verweigerung inklusive Widerstandshandlungen kann erstmal mächtigen Schlamassel nach sich ziehen. Effektiver kann dagegen verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz sein. Wobei effektiv natürlich relativ zu sehen ist, denn der rassistische Vorfall ist schließlich schon passiert. Mittels einer Klage vor dem Verwaltungsgericht kann aber immerhin festgestellt werden, dass die Polizeikontrolle rechtswidrig war. So kann sich die betroffene Person jedenfalls moralisch von dem Unrecht, das ihr angetan wurde, befreien. Es besteht außerdem die Hoffnung, dass sich in der Praxis der Polizei etwas ändert, wenn sie vermehrt mit solcherlei Klagen konfrontiert wird.

Wird bei einer Personenkontrolle, die aufgrund von Racial Profiling erfolgte, tatsächlich ein Hinweis auf eine Straftat gefunden, ist die Verwertung dieses Hinweises als Beweis für die Schuld der Person leider nicht von vorneherein ausgeschlossen. Insbesondere bei schwereren Straftaten neigt die deutsche Justiz dazu, über Fehler in der Beweiserhebung hinwegzusehen. Wird aufgrund des ersten Hinweis der Sache nachgegangen und ein zweiter Beweis gefunden, darf dieser sogar immer verwendet werden, egal wie schwer der Beweiserhebungsfehler wiegt (Stichwort fruit of the poisoned tree).

Ungerechte Strafe, weil zu schnell gefahren?

Besondere persönliche Umstände können unter engen Voraussetzungen eine Geschwindigkeitsübertretung entschuldigen. Insbesondere bei drohendem Fahrverbot lohnt es sich, hartnäckig zu bleiben.

Beispielsfall: Zu schnell gefahren wegen schwacher Blase

Das OLG Hamm hatte zum Beispiel am 10.10.2017, Az. 4 RBs 326/17, über einen Fall zu entscheiden, in dem der Betroffene wegen plötzlich auftretenden Harndrangs auf das Gas getreten war, um noch schneller an der nächsten Toilette anzukommen.

Wegen einer Prostataoperation hatte der Mann eine besonders schwache Blase. Als er im Auto auf dem Weg zu einem Termin war, verspürte er plötzlich den Drang, auf die Toilette zu gehen. Auf einer Bundesstraße versuchte er am Straßenrand zu halten. Die Verkehrslage ließ dies aber nicht zu. An diesem Tag war besonders viel Verkehr und ein Anhalten auf der schmalen Straße hätte einen Stau verursacht.

zu schnell gefahren
Keine Panik, wenn der Körper meckert. Immer die Ruhe behalten.

Der Harndrang wurde immer schmerzhafter und so blieb dem Angeklagten/Betroffenen nichts anderes übrig als kurz die Geschwindigkeit zu erhöhen. Der Blitzer maß eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h. Für dieses Vergehen wollte ihm die Behörde ein Fahrverbot von einem Monat sowie 80 Euro Geldbuße aufbrummen. Dagegen setzte sich der Mann zur Wehr.

Er stritt mit der Behörde zunächst vor dem Amtsgericht, welches jedoch der Behörde recht gab. Erst in der zweiten Instanz beim Oberlandesgericht Hamm bekam der Betroffene Recht. Das Gericht entschied, dass er durch den Harndrang in einer Notlage war und sich nicht anders helfen konnte. Er musste zwar die 80 Euro Strafe zahlen – aber zumindest das Fahrverbot von einem Monat blieb ihm erspart.

Grundsatz: Keine Notstandslage bei Krankheiten

Dies ist aber ein Einzelfall. Unter Umständen kann es sogar negativ ausgelegt werden, wenn eine Krankheit die Fahrtüchtigkeit einschränkt und man sich trotzdem ins Auto setzt. Das OLG Hamm erklärte zu seiner Entscheidung, dass Menschen mit Krankheiten eine Autofahrt entsprechend planen müssen. Sie müssen Vorrichtungen treffen, damit eine Gefährdung des Straßenverkehrs vermieden wird.

Traurig aber wahr, wer krank ist, sollte sich vielleicht besser nicht hinters Steuer setzen.

Zum Beispiel vor einer Fahrt weniger trinken oder besonders viele Pausen einplanen. Außerdem sollte man die Staumeldungen und die Verkehrslage im Blick haben, wenn man nicht für eine längere Zeit im Auto sitzen kann. Auf plötzlich auftretenden Verzögerungen im Straßenverkehr muss sich jeder einstellen können, auch wenn eine Krankheit vorliegt.

Ausnahmen: Rar gesät, aber möglich

In dem bereits geschilderten Fall hatte der Angeklagte, der als Rechtsanwalt – Grüße an alle Kolleginnen und Kollegen! – tätig ist, mit seinen Rechtsmitteln teilweise Erfolg. Ein Fahrverbot blieb ihm erspart und er musste keine beruflichen Einschränkungen, die durch ein Fahrverbot verursacht werden können, in Kauf nehmen. In manchen Fällen lohnt sich ein Rechtsstreit auch bis in höhere Instanzen. Nicht erst als fachlich kundiger Rechtsanwalt.

Das OLG Köln hatte in einem anderen Fall darüber zu entscheiden, ob ein Arzt, der sich mit dem Auto zu einem Notfallpatienten begibt, ohne Notarzt (mit Blaulicht) zu sein, bei zu schnellem Fahren gerechtfertigt handelt (OLG Köln, Beschluss vom 02.05.2005 – 8 Ss-OWi 98/05). Das Gericht urteilte, dass eine Rechtfertigung nach § 16 OWiG in solch einem Fall möglich ist, es aber dennoch genau auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.

Auch in zwei weiteren beispielhaften Fällen haben Gericht bereits Geschwindigkeitsübertretungen für gerechtfertigt/entschuldigt erachtet:

Respekt, Kristina Hänel!

Foto: Stephan Röhl/Heinrich-Böll-Stiftung CC BY-SA 2.0

Sie ist Ärztin, Feministin und passionierte Triathletin. Geht es nach der deutschen Justiz, ist sie seit Januar 2021 auch rechtskräftig verurteilte Straftäterin. Wieso es gilt, Kristina Hänel trotzdem Respekt zu zollen.

In ihrer Praxis für Allgemeinmedizin in Gießen führt sie auch unter anderem Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen des § 218a StGB durch. Auf der zur Praxis gehörenden Website informierte Kristina Hänel interessierte Patientinnen hierüber. Sie erklärte zudem in sachlich-nüchterner Weise die verschiedenen Methoden und den Ablauf eines Schwangerschaftsabbruches. Nichts Ungewöhnliches sollte man denken. Doch § 219a StGB verbot es niedergelassenen Ärzt*innen bis zum 28. März 2019 öffentlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen; bis heute dürfen sie keine Informationen über die Art und Weise der Behandlung öffentlich anbieten (Abs. 4 Nr. 2).

Der fast vergessene § 219a StGB

Interessanterweise hat § 219a StGB lange Jahre niemanden groß interessiert. Bis 2014 lag die Zahl der diesbezüglichen Ermittlungsverfahren bei 0 bis 20 pro Jahr. Verurteilt wurde fast niemand. Wenn Betroffene die Information von ihrer Website nahmen, wurde das Verfahren in der Regel eingestellt.

Geändert hat sich das mit Yannic Hendricks und Klaus Günter Annen. Der Zeitvertreib dieser beiden Männer besteht nach eigenen Angaben darin, im Internet Jagd auf Websiten wie die von Kristina Hänel zu machen. Bei einem Treffer schreiben sie eine Anzeige an die Polizei oder Staatsanwaltschaft. So schoss die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen § 219a StGB ab 2015 in die Höhe. In einigen dieser Jahre dürften alle (!) geführten Ermittlungsverfahren auf Anzeigen von Hendricks oder Annen zurückgehen.

Ärzt*innen können einer Verurteilung immer noch meistens entgehen, indem sie die entsprechende Information einfach von ihrer Website nehmen. Doch manche weigern sich aus ideellen Gründen dies zu tun. Sie gehen davon aus, dass jede Frau das Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper besitzt, wozu auch das Recht auf sachliche Information über den Schwangerschaftsabbruch gehört.

Recht auf körperliche Selbstbestimmung

Auch Kristina Hänel denkt so. Am 12. Dezember 2019 wurde sie dafür vom Landgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro verurteilt (25 Tagessätze mal 100 Euro). Das Urteil ist rechtskräftig, da das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die hiergegen gerichtete Revision am 15. Januar 2021 zurückwies.

Das ist eine traurige Sache; dennoch möchte ich das Urteil des Landgerichts Gießen vom 12. Dezember 2019 und zur selben Sache ebenfalls Landgericht Gießen, Urteil vom 12. Oktober 2018, zur Lektüre empfehlen, auch für Laien. In Letzterem geht das Landgericht ausführlich auf die gesellschaftliche Lage zum Thema Schwangerschaftsabbruch ein (Randnummern 24-48, insbesondere 47 f). Es scheint fast zu bedauern, Kristina Hänel verurteilen zu müssen.

In Ersterem hat das Landgericht den Inhalt von Kristina Hänels Homepage 1:1 in das Urteil kopiert (Randnummer 20-71); Interessierte finden nun dort alle Informationen, die auf der Website der Ärztin verboten sind.

Das wirft zwei Fragen auf

Erstens, macht sich das Landgericht Gießen über Yannic Hendricks und Klaus Günter Annen lustig?

Zweitens, darf Kristina Hänel das Gerichtsurteil auf ihrer Website verlinken? Was soll man dazu noch sagen? Respekt für Kristina Hänel! Solidarität mit ihr und den anderen betroffenen Ärzt*innen.

Folgen der Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB

In den meisten Fällen eines Verstoßes gegen § 315c StGB droht dem Täter (falls er/sie im Verkehrszentralregister unbelastet ist) eine Geldstrafe. Bei groben Verstößen und vor allem im Falle wiederholter Straffälligkeit greifen die Richter immer häufiger zur Freiheitsstrafe!

Neben der regelmäßig verhängten Geldstrafe ist der Entzug der Fahrerlaubnis das größte Problem. Im Regelfall gehen die Gerichte bei einer Straßenverkehrsgefährdung nämlich meistens davon aus, dass der Täter ungeeignet für die Teilnahme am Straßenverkehr ist. Die Folge ist sehr oft der Führerscheinentzug. Das ist für diejenigen besonders bitter, die beruflich auf ihr Fahrzeug angewiesen sind.

Fahrzeug und Fahrerlaubnis sind für viele Menschen ein  wichtiger Bestandteil des Alltags und der Berufstätigkeit. Falls Ihnen ein Verstoß gegen §315c StGB vorgeworfen wird ist es darum äußerst ratsam, sich einen erfahrenen Strafverteidiger zu suchen. Gerade über das subjektive Element des § 315c StGB (Vorsatz/Fahrlässigkeit) kann ein guter Anwalt den Fall eventuell noch drehen.

Strafanzeige wegen ACAB – Dürfen die das?

Was bedeutet die Abkürzung ACAB?

In diesem Text geht es um ein paar Buchstaben, die es schon bis zum Bundesverfassungsgericht geschafft haben – und das mehrfach. ACAB steht für „All cops are basterds“, zu deutsch wörtlich „Alle Polizisten sind Bastarde“. Im übertragenen Sinne wird eine Kritik an der Polizei als Institution der Repression des Staates ausgedrückt. „Die Polizei arbeitet schlecht, weil sie berechtigte Demonstrationen unterdrückt, Mietwohnungen zwangsräumt, immigrierte Menschen schlechter behandelt, etc.“ Die Parole wird gerne von manchen in der linksradikalen Szene oder auch von Angehörigen der Ultras (Fußball) verwendet. Polizist*innen sind jedoch not amused und verstehen die Worte nicht gerade als Einladung zum Fünfuhrtee. Ganz im Gegenteil, sie erstatten Strafanzeige. Die Untergerichte machten mit und so ist schon eine Reihe an Leuten für ACAB zu einer Strafe wegen Beleidigung (§ 185 StGB) verurteilt worden.

Das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Strafbarkeit von ACAB

Das Bundesverfassungsgericht ist dem jedoch mit den Entscheidungen vom 17. Mai 2016 (Verfahren 1 BvR 257/14 und 1 BvR 2150/14) und vom 16. Januar 2017 (1 BvR 1593/16) entgegengetreten. In seiner Begründung geht das Bundesverfassungsgericht zunächst einmal davon aus, dass eine Beleidigung grundsätzlich nur einen einzelnen Menschen treffen kann, nicht aber Kollektive wie etwa Behörden und Unternehmen. Die Beleidigung eines Kollektivs wird erst dann strafrechtlich relevant, wenn solche Umstände hinzutreten, die sie zu einem Angriff auf die persönliche Ehre der Mitglieder des Kollektivs werden lassen. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist hierfür zum Beispiel die „personalisierte Adressierung“ nötig. Gemeint ist damit etwa die Person, die dem Polizisten mit ihrer ACAB-Jacke vor der Nase herumwedelt. Nach meiner Meinung ist dies eine sehr richtige Entscheidung. Je mehr Personen das „beleidigte“ Kollektiv umfasst, desto weniger wiegt die persönliche Betroffenheit des einzelnen Kollektivmitglieds. Großen Kollektiven, deren Mitglieder gerade uniform agieren sollen, werden mit ACAB schließlich nicht individuelle Fehler oder Merkmale der Mitglieder vorgeworfen, sondern ein mangelhafter Zustand des Kollektivs. Kritik an gesellschaftlichen Missständen genießt aber den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Natürlich ist ACAB nicht gerade eine nett formulierte Kritik, vielleicht auch keine intelligente. Aber darum geht es beim Strafrecht nicht. Strafe ist das schärfste Schwert des Staates und muss als letztes Mittel den echten Fällen von Persönlichkeitsverletzungen vorbehalten bleiben (keep on fighting, Renate Künast!).

Verwandte Aussprüche

Die Straffreiheit der Parole ACAB gilt übrigens gleichermaßen hinsichtlich ihrer zahlenkodierten Version „1312“. Auch verwandte Sprüche wie zum Beispiel „FCK CPS“ (Fuck cops – Fick die Polizei) sind straffrei (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Februar 2015 – 1 BvR 1036/14). Die Worte „Soldaten sind Mörder“ dürfen ebenfalls verwendet werden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91). Es gilt allerdings – wie oben ausgeführt – dass die Straffreiheit nur soweit reicht, als dass solche Bezeichnungen nicht in einen engen personalen Zusammenhang mit einem*einer einzelnen Polizist*in gebracht werden.

Dem Ladendiebstahl auf der Spur

Nach einer Studie des EHI (Forschungsinstitut des Handels) sind im Jahresvergleich 2018 zu 2017 die Inventurdifferenzen im Handel von 0,61 Prozent auf 0,63 Prozent bzw. von 4,1 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro gestiegen. Davon entfallen 550 Millionen Euro auf sonstige Gründe (zum Beispiel Verderben von Lebensmitteln, Bruch, Organisationsversagen etc).

Der Rest wird gemopst – von   MitarbeiterInnen, Lieferanten und Servicekräften, zum größten Teil aber von den Kund*innen. Klassischer Ladendiebstahl also. Den gibt es schon so lange, wie es Läden gibt. Die Zahl der Anzeigen geht allerdings zurück, 339.021 waren es in 2018 noch. Aber was genau bedeutet Ladendiebstahl rechtlich? Wie hoch ist die Strafe? Was ergibt sich Neues durch die Selbstbedienungskassen in Supermärkten? Und was kann ich als Beschuldigte*r tun?

Der Ladendiebstahl kurz erklärt

Ladendiebstahl ist ein Begriff aus dem Alltag und der Kriminalitätsstatistik. Rechtlich gesehen handelt es sich um einen gewöhnlichen Diebstahl nach § 242 StGB. Es stiehlt, wer eine fremde, bewegliche Sache wegnimmt und sie sich zueignet. Im Laden kann das etwa dadurch geschehen, dass Waren in die Hosentasche gesteckt und nicht bezahlt werden.

Oder die Ware wird in den Einkaufswagen gelegt, zugedeckt und an der Kasse vorbeigeschmuggelt. Die Strafe dafür ist Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre. Ersttäter können oftmals mit einer Geldstrafe oder sogar Einstellung des Verfahrens gegen Auflage rechnen. Bei wiederholter Strafverfolgung gehen die Strafen nach oben.

Schlimmer wird es in den Fällen des § 243 StGB und für die Unglücklichen, die etwa ein Taschenmesser bei sich führen (§ 244 StGB, ab sechs Monate Freiheitsstrafe) oder sich mit Gewalt oder Drohung des Ladendetektivs erwehren (§§ 249, 252 StGB, ab ein Jahr Freiheitsstrafe; hierzu auch folgendes Erklärvideo mit Rechtsanwalt Marek Schauer). Im einfachen polizeilichen Führungszeugnis tauchen in der Regel übrigens Erstverurteilungen ab über drei Monaten Gefängnis bzw. 91 Tagessätzen Geldstrafe auf.

Diebstahl bei Selbstbedienungskassen?

Selbstbedienungskassen in Supermärkten werden häufiger; viele Betreiber erhoffen sich durch sie eine Ersparnis bei den Personalkosten. Doch laden Selbstbedienungskassen auch vermehrt zum Diebstahl ein? Jedenfalls sind die Möglichkeiten etwas zahlreicher: nur einen Teil der Waren scannen, das Etikett eines günstigeren Produkts scannen, ein günstigeres Produkt eingeben. Rechtlich gesehen ist auch all das Diebstahl nach § 242 StGB.

Denn der oder die Ladenbetreiberin hat zwar seine Zustimmung zur Übereignung der Produkte an den Automaten delegiert. Doch der gibt seine Zustimmung schließlich nur für den gescannten Teil der Ware und das günstigere Produkt (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 08.08.2013 – 5 RVs 56/13).

Viele Supermarktbetreiberinnen stellen wegen des vermehrten Diebstahls bei Selbstbedienungskassen übrigens eine Aufsichtsperson extra für den Selbstbedienungsbereich ab. Die nette Person, die einen begrüßt und einweist, ist also nicht Service, sondern Diebstahlaufsicht.

Meine Rechte als Beschuldigte*r

Sie haben von der Polizei oder Staatsanwaltschaft einen Brief zur Anhörung wegen Ladendiebstahls bekommen? Ihnen wurde bereits eine Klageschrift oder ein Strafbefehl zugestellt? Das Wichtigste ist nun, ruhig Blut zu bewahren und zunächst keine Aussage gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zu tätigen.

Erfragen Sie anwaltlichen Rat und besprechen Sie gemeinsam die nächsten Schritte. Mit guter Argumentation lässt sich so mancher Vorwurf strafbaren Handelns entkräften. Gar nicht selten funktionieren die Selbstbedienungskassen zum Beispiel nicht richtig: Die falsche Ware ist im System hinterlegt oder der Scanner hat unbemerkt nicht funktioniert. Oder in der Hektik an den Kassen wurde ein Artikel in der Einkaufstasche vergessen, aber nicht geklaut.

Oft kann so der Vorsatz entkräftet und, wenn schon nicht ein Freispruch, dann aber die Einstellung des Verfahrens erreicht werden, was ein langwieriges Verfahren und die Eintragung im Bundeszentralregister und im Führungszeugnis erspart.

So wehren Sie sich gegen den Vorwurf des Drogenkaufs im Darknet

Seitdem die Ermittlungsbehörden verstärkt gegen Internethandelsplätze für Drogen, Waffen und andere illegale Handelswaren vorgehen, mehren sich auch die Strafverfahren gegen vermeintliche KäuferInnen. Denn wenn die Polizei die realen Personen ermittelt, die hinter einem Internethändler für Drogen stehen, wird nicht nur der oder die HändlerIn angeklagt. Häufig findet die Polizei auf dem Computer oder in der Wohnung der VerkäuferInnen auch Namen und Anschriften weiterer Personen, die dann für die KäuferInnen der Drogen gehalten werden. Und schon ist der Brief mit der Vorladung zur Vernehmung bei Polizei oder Staatsanwaltschaft im Briefkasten.

Keine Verurteilung vor dem Beweis der Schuld

Doch das muss nicht gleich das Ende der Geschichte sein. Denn wer nichts bestellt hat, darf auch nicht verurteilt werden! Und das müssen die Ermittlungsbehörden erst beweisen. Hierzu ist es in der Regel nicht ausreichend, wenn lediglich Ihr Name und Ihre Adresse in den Unterlagen der DrogenhändlerInnen auftauchen. Schließlich könnte jemand anderes auf Ihre Anschrift eine Bestellung gemacht haben – sei es um Ihnen zu schaden oder um die eigene Person zu verschleiern und die Lieferung abzufangen. Besonders einfach geht letzteres bei Mehrparteienhäusern oder Wohngemeinschaften. Außerdem geht aus den Daten, die den Ermittlungsbehörden vorliegen, oft nicht hervor, ob die Drogen überhaupt verschickt wurden, ob sie angekommen sind und bei wem. Das haben schon verschiedene Gerichte so gesehen.

Wie kann ich mich gegen ein Ermittlungsverfahren zur Wehr setzen?

Als erfahrener Anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Strafrecht habe ich bereits viele MandantInnen erfolgreich gegen den Vorwurf des Erwerbs von Drogen nach § 29 BtMG verteidigt. Üblicherweise beantrage ich zuerst Akteneinsicht, um den Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden in Erfahrung zu bringen. Danach kann ich meist durch eine sogenannte „Schutzschrift“ das Ermittlungsverfahren noch vor der Anklage zur Einstellung aus Mangel an Beweisen bringen.

Und wie immer gilt: Kein Wort zu den Ermittlungsbehörden vor der Rücksprache mit Ihrem Anwalt!

Corona-Soforthilfen: Habe ich mich wegen Subventionsbetrug strafbar gemacht?

Im März 2020 müssen aufgrund der Corona-Maßnahmen die meisten Läden schließen. Viele Produktionsbetriebe stehen still, weil die Abstandsregelungen die Arbeit unmöglich machen oder die Produkte nicht mehr abgenommen werden. Die VerbraucherInnen fragen auch keine Dienstleistungen mehr nach. Der Stillstand der Wirtschaft trifft neben den Großen auch viele KleinunternehmerInnen und Soloselbstständige. Der Staat hilft mit den sogenannten Soforthilfen. In Berlin und Brandenburg zahlt die Investitionsbank auf Antrag die Zuschüsse aus. Rechtlich gesehen handelt es sich um Subventionen. Hinsichtlich falscher Angaben im Antrag ist der Staat „allergisch“. Der entsprechende Straftatbestand Subventionsbetrg (§ 264 StGB) ist ziemlich weit gefasst. Sorgen machen sollte man sich in den folgenden Fällen:

„Ich habe die Corona-Soforthilfen etwas vorschnell beantragt.“

„Die Geschäfte laufen nun doch besser als gedacht.“

„Ich habe Post von der Staatsanwaltschaft erhalten.“ (große Sorgen!)

Was genau bedeutet „Subventionsbetrug“?

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird [wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB] bestraft, wer

 1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind, […]

 3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

     1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,

[…]

(5) Wer in den Fällen des Absatzes STGB § 264 Absatz 1 Nr. STGB § 264 Absatz 1 Nummer 1 bis STGB § 264 Absatz 1 Nummer 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Nach den Absätzen 1 und 5 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. […]

(9) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen,

 1. die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind

oder

 2. von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist.

Demnach kann es genügen leichtfertig falsche Angaben bei der Antragstellung gemacht zu haben. Leichtfertig ist enger als bloße Fahrlässigkeit. Es bedeutet, dass der Täter die an sich gebotene Handlung [Vermeidung der Antragsstellung] ohne Weiteres hätte erkennen können. Er verkennt also die Umstände in einem groben Maße.

Darüber hinaus kann sich auch strafbar machen, wer es unterlässt, Änderungen mitzuteilen. Läuft etwa das Geschäft also doch besser als in der Antragstellung prognostiziert, weil weniger Kunden ausbleiben, muss dies dem Subventionsgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Der entsprechende Teil der Soforthilfen muss zurückgezahlt werden.

Was bedeutet das für mein Unternehmen?

Hierzu zwei Beispiele:

1. Der Lichtenberger U-GmbH – eine Fleischerei – mit 8 Angestellten ist ziemlich am Ende und müsste den Antrag auf Insolvenz stellen. Da kommt Sars-Cov2 gerade recht. Der Geschäftsführer beantragt bei der IBB einen Corona-Zuschuss von 15.000,00 Euro unter Vorspiegelung der Tatsache, dass sein Unternehmen „gesund“ ist und solide wirtschaftet.

→ Der Geschäftsführer hat sich ohne Weiteres wegen Subventionsbetrug strafbar gemacht.

2. Abwandlung: Die U-GmbH ist solide und nicht von Insolvenz bedroht. Die Fleischerei hat wg. Corona jedoch zu. Folge ist mangelnder Umsatz. Der Geschäftsführer stellt einen Antrag auf Corona-Soforthilfe in der Annahme, dass es so weitergeht und er trotzdem die laufenden Kosten begleichen muss. Der Zuschuss wird unmittelbar ausgezahlt. Ca. eine Woche nach dem Antrag unterstützen die Nachbarn die Fleischerei mit vielen Gutscheinen. Zudem ist der neu aufgebaute Lieferdienst in der Lage, die Fix-Kosten aufzufangen.

→ Der Geschäftsführer sollte nun unverzüglich die veränderte Lage mitteilen. Unterlässt er dies absichtlich, um das Geld zu behalten, kann er sich strafbar machen. Darüber hinaus kann sich der 

Geschäftsführer strafbar machen, wenn er angesichts der sichtbar gebesserten Lage nicht seine Buchhaltung konsultiert und gewissermaßen „die Augen verschließt“, um die Gelder zu behalten. Er handelt dann leichtfertig.

Was tun, wenn ich befürchte, Falschangaben gemacht zu haben?

Wer einen Fehler in seinen Angaben bemerkt, sollte sich beim Investitionsgeber melden und die Daten berichtigen. Wem der Fehler versehentlich unterlief und wer dann unverzüglich Meldung macht, hat nichts Falsches getan! Auch ansonsten wird wohl momentan relativ kulant behandelt, wer Angaben berichtigt.

Sollte aber bereits ein Schreiben der Staatsanwaltschaft oder Polizei eingegangen sein, ist es ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn Ermittlungsbehörden wissen, wie sie Verdächtige zu widersprüchlichen Aussagen verleiten. Deshalb gilt wie immer: Machen Sie keine Aussagen und geben Sie keine Daten heraus. Als Beschuldigter sind Sie hierzu nicht verpflichtet!

Ich berate Sie hierzu gerne. Gerade der Vorwurf des Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit lässt mit einer guten rechtlichen Argumentation entkräften. Durch meine jahrelange Erfahrung in der Strafverteidigung kann ich häufig für meine Mandanten bereits eine Einstellung erreichen, bevor es zur Anklage kommt.

Selbstbedienungskasse ausgetrickst – Diebstahl oder Computerbetrug?

Jede Großstadtbewohnerin kennt sie, denn sie werden immer häufiger. Gemeint sind Selbstbedienungskassen. Durch sie soll das Einkaufen und Bezahlen schneller und einfacher werden. Umso schwieriger wird das ganze allerdings aus juristischer Sicht.

Die Fälle in denen Kunden versuchen die fleißigen Kassenroboter auszutricksen häufen sich. So kam zum Beispiel ein 47-jähriger Playboy-Leser auf eine interessante Idee. Beim Bezahlen scannte er den Strichcode einer günstigen Tageszeitung ein, anstatt den regulären Preis für sein Lieblingsmagazin zu zahlen.

An einem ähnlichen Trick scheiterte ein Kaufmann in München. Er hatte Kalbsleber in eine Tüte umgepackt und als ein billigeres Obstprodukt abgewogen. An der Selbstbedienungskasse scannte er dann das Etikett ein und bezahlte einen sehr erschwinglichen Obstpreis für das teure Fleisch.

Beide wurden daraufhin vom Ladenpersonal gestellt. Der Münchner Kaufmann wurde später vom AG München sogar zu einer Geldstrafe von 208.000 Euro verurteilt, was im Wesentlichen an seinem Vorstrafenregister lag und an anderer Stelle diskutiert werden muss (Urt. v. 10.01.2018, Az.: 864 Ds 238 Js 223135/17).

Aus juristischer Sicht viel spannender ist nämlich die Frage, wegen welcher Straftat es eigentlich zur Verurteilung kam…

Computerbetrug

Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, dass der Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263 a StGB erfüllt ist. So sah es auch das Landgericht im Fall des Playboy-Lesers.

Nach § 263 a StGB ist nämlich jeder strafbar, der das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er das „Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorganges durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten…oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst“.

Dass es sich bei dem eingescannten Strichcode um Daten handelt ist klar, da er codierte Informationen enthält.

Allerdings verneinte das OLG Hamm im Revisionsverfahren trotzdem die Strafbarkeit des Playboy-Lesers wegen Computerbetrug (OLG Hamm, Beschluss v. 08.08.2013, 5 RVs 56/13)! Der Täter habe nämlich nicht veranlasst, dass Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, welches inhaltlich falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lässt. (Weil der Strichcode ja richtig war, nur auf dem falschen Magazin klebte)

Das Vorzeigen des falschen Strichcodes führte vor allem nicht unmittelbar zu einem Vermögenschaden beim Supermarktinhaber. Doch genau diese Unmittelbarkeit zwischen Datenmanipulation und Vermögensminderung beim Opfer ist für § 263 a entscheidend. Der Playboy-Leser hat den Vermögensnachteil jedoch nur dadurch herbeigeführt, dass er anschließend das Geschäft verließ und so die Sachherrschaft an der Zeitschrift erlangte.

Diebstahl

Das OLG Hamm und auch das AG München lösten die Fälle über den Straftatbestand des Diebstahls gem. § 242 StGB.

Auch das erscheint auf den ersten Blick logisch. Bei dem Playboy handelte es sich um eine fremde bewegliche Sache und die hat der Täter auch weggenommen. Allerdings setzt die Wegnahme  den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams voraus. Und zwar gegen den Willen, also ohne Einverständnis des Supermarktbetreibers.

Nun könnte man ja denken, dass die Täter doch in beiden Fällen bezahlt haben und deswegen das Einverständnis des Supermarkinhabers gegeben sein müsste.

Hier begründete das OLG Hamm die Entscheidung so, dass von einem Einverständnis des Supermarkteigentümers nur auszugehen ist, wenn der zum Produkt passende Strichcode gescannt wurde.

Mit dieser Argumentation wurde in beiden Fällen die Wegnahme beim Verlassen des Kassenbereichs und somit ein Diebstahl bejaht.

Fazit

Auch wenn in Zukunft mehr und mehr Selbstbedienungskassen das Supermarktpersonal ersetzen werden, führen die meisten Versuche das System auszutricksen zur Verwirklichung einer Straftat.

Aufgrund des technischen Fortschritts und der Digitalisierung unseres Alltags, häufen sich die Strafverfahren in diesen Bereichen. Doch die Rechtsprechung hinkt hinterher und es bestehen noch große Rechtsunsicherheiten innerhalb dieser neuen Felder.

Genau diese Lücken offenbaren gute Verteidigungschancen, die jeder Betroffene nutzen kann, wenn er einen Anwalt hinzuzieht!

Die 7 „Todsünden“ im Straßenverkehr

Straßenverkehrsdelikte machen im Strafrecht einen großen Anteil an Fällen aus.

Deshalb ist es umso wichtiger zu wissen, wie man Verstöße in diesen Bereichen vermeidet und wie man als Betroffener richtig damit umgeht.

Einen wesentlichen Kernbereich stellt hierbei die Gefährdung des Straßenverkehrs dar (§ 315c StGB). Neben Fahruntüchtigkeit wegen Alkohol gibt es die berüchtigten 7 „Todsünden“ des Straßenverkehrs. Sie können einem leicht zum Verhängnis werden und zu Geldstrafen und sogar zu Freiheitsstrafen führen. Im Jahr 2017 wurden immerhin knapp 14.000 Verkehrsteilnehmer in Deutschland wegen Verstößen gegen.

In § 315c StGB wird jedem Verkehrsteilnehmer eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren angedroht, der fahrlässig

  1. die Vorfahrt nicht beachtet
  2. falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt
  3. an Fußgängerüberwegen falsch fährt
  4. an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt
  5. an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält
  6. auf Autobahnen oder Kraftfahrtstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
  7. haltende oder liegengelassene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist.

Hierbei muss sich der Fahrer grob verkehrswidrig oder rücksichtslos verhalten haben.

An sich sind die 7 Todsünden eigentlich nur Ordnungswidrigkeiten. Sobald allerdings durch eine der Todsünden ein anderer Mensch oder eine Sache von bedeutendem Wert (ca. 750 Euro) fahrlässig gefährdet wird, kommt der § 315c StGB ins Spiel. Eine Gefährdung liegt auch dann schon vor, wenn es zu einem „Beinahe-Unfall“ gekommen ist (also der Schadenseintritt nur vom Zufall abhing).