Jede Großstadtbewohnerin kennt sie, denn sie werden immer häufiger. Gemeint sind Selbstbedienungskassen. Durch sie soll das Einkaufen und Bezahlen schneller und einfacher werden. Umso schwieriger wird das ganze allerdings aus juristischer Sicht.
Die Fälle in denen Kunden versuchen die fleißigen Kassenroboter auszutricksen häufen sich. So kam zum Beispiel ein 47-jähriger Playboy-Leser auf eine interessante Idee. Beim Bezahlen scannte er den Strichcode einer günstigen Tageszeitung ein, anstatt den regulären Preis für sein Lieblingsmagazin zu zahlen.
An einem ähnlichen Trick scheiterte ein Kaufmann in München. Er hatte Kalbsleber in eine Tüte umgepackt und als ein billigeres Obstprodukt abgewogen. An der Selbstbedienungskasse scannte er dann das Etikett ein und bezahlte einen sehr erschwinglichen Obstpreis für das teure Fleisch.
Beide wurden daraufhin vom Ladenpersonal gestellt. Der Münchner Kaufmann wurde später vom AG München sogar zu einer Geldstrafe von 208.000 Euro verurteilt, was im Wesentlichen an seinem Vorstrafenregister lag und an anderer Stelle diskutiert werden muss (Urt. v. 10.01.2018, Az.: 864 Ds 238 Js 223135/17).
Aus juristischer Sicht viel spannender ist nämlich die Frage, wegen welcher Straftat es eigentlich zur Verurteilung kam…
Computerbetrug
Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, dass der Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263 a StGB erfüllt ist. So sah es auch das Landgericht im Fall des Playboy-Lesers.
Nach § 263 a StGB ist nämlich jeder strafbar, der das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er das „Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorganges durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten…oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst“.
Dass es sich bei dem eingescannten Strichcode um Daten handelt ist klar, da er codierte Informationen enthält.
Allerdings verneinte das OLG Hamm im Revisionsverfahren trotzdem die Strafbarkeit des Playboy-Lesers wegen Computerbetrug (OLG Hamm, Beschluss v. 08.08.2013, 5 RVs 56/13)! Der Täter habe nämlich nicht veranlasst, dass Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, welches inhaltlich falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lässt. (Weil der Strichcode ja richtig war, nur auf dem falschen Magazin klebte)
Das Vorzeigen des falschen Strichcodes führte vor allem nicht unmittelbar zu einem Vermögenschaden beim Supermarktinhaber. Doch genau diese Unmittelbarkeit zwischen Datenmanipulation und Vermögensminderung beim Opfer ist für § 263 a entscheidend. Der Playboy-Leser hat den Vermögensnachteil jedoch nur dadurch herbeigeführt, dass er anschließend das Geschäft verließ und so die Sachherrschaft an der Zeitschrift erlangte.
Diebstahl
Das OLG Hamm und auch das AG München lösten die Fälle über den Straftatbestand des Diebstahls gem. § 242 StGB.
Auch das erscheint auf den ersten Blick logisch. Bei dem Playboy handelte es sich um eine fremde bewegliche Sache und die hat der Täter auch weggenommen. Allerdings setzt die Wegnahme den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams voraus. Und zwar gegen den Willen, also ohne Einverständnis des Supermarktbetreibers.
Nun könnte man ja denken, dass die Täter doch in beiden Fällen bezahlt haben und deswegen das Einverständnis des Supermarkinhabers gegeben sein müsste.
Hier begründete das OLG Hamm die Entscheidung so, dass von einem Einverständnis des Supermarkteigentümers nur auszugehen ist, wenn der zum Produkt passende Strichcode gescannt wurde.
Mit dieser Argumentation wurde in beiden Fällen die Wegnahme beim Verlassen des Kassenbereichs und somit ein Diebstahl bejaht.
Fazit
Auch wenn in Zukunft mehr und mehr Selbstbedienungskassen das Supermarktpersonal ersetzen werden, führen die meisten Versuche das System auszutricksen zur Verwirklichung einer Straftat.
Aufgrund des technischen Fortschritts und der Digitalisierung unseres Alltags, häufen sich die Strafverfahren in diesen Bereichen. Doch die Rechtsprechung hinkt hinterher und es bestehen noch große Rechtsunsicherheiten innerhalb dieser neuen Felder.
Genau diese Lücken offenbaren gute Verteidigungschancen, die jeder Betroffene nutzen kann, wenn er einen Anwalt hinzuzieht!